Die Aminosäure Isoleucin

Isoleucin gehört zusammen mit Leucin und Valin zu den verzweigtkettigen Aminosäuren. Da es sich von der Asparaginsäure ableiten lässt, zählt es zur Aspartatgruppe.

Die Aminosäure besitzt zwei Stereozentren. Daher existieren vier Stereoisomere: L-, D-, L-allo- und D-allo-Isoleucin.

Für den menschlichen Organismus ist nur das L-Isoleucin als proteinogene Aminosäure relevant. Kommt Isoleucin in Texten ohne Präfix vor, handelt es sich gemeinhin um L-Isoleucin.

Der Körper kann Isoleucin nicht selbst herstellen. Somit ist es eine essentielle Aminosäure, die über die Nahrung aufgenommen werden muss.

Inhaltsverzeichnis

So wirkt L-Isoleucin im Körper

Energielieferant

Nach der Absorption gelangt die Aminosäure über die Pfortader in die Leberzellen. Dort wird sie in α-Ketosäuren überführt, die der Körper zur Energiegewinnung heranziehen kann. Das spielt vor allem in Hungerphasen und bei längeren Anstrengungen eine Rolle, in denen der Körper eigene Reserven mobilisiert.

Hormonregulation

L-Isoleucin stimuliert die Insulin-Ausschüttung und regt damit die Aufnahme von Aminosäuren und Glukose aus der Blutbahn in die Muskelzellen an.

Das ist zum einen für die Regulation des Blutzuckerspiegels, zum anderen aber auch für die rasche Energiegewinnung von Bedeutung.

Außerdem aktiviert L-Isoleucin das Wachstumshormon Somatotropin.

Aufbau und Erhalt von Muskelgewebe

L-Isoleucin fördert die Synthese und die Einlagerung von Proteinen in die Muskeln und unterstützt dadurch den Aufbau von Muskelgewebe. Zudem reduziert es zusammen mit Valin und Leucin den Abbau von Muskelgewebe bei starkem körperlichem Stress, Krankheiten und Operationen.

Immunsystem und Wundheilung

Die Aminosäure wirkt stärkend auf das Immunsystem und fördert dadurch die Gewebeneubildung.

Anwendungsmöglichkeiten für L-Isoleucin

Neben anderen Aminosäuren ist L-Isoleucin ein wichtiger Bestandteil von Aminosäure-Infusionslösungen für die parenterale Ernährung. Darüber hinaus kommt es in Nahrungsergänzungsmitteln in verschiedenen Einsatzfeldern zur Anwendung.

Situationen mit stressbedingter Belastung

Bei erhöhtem physischem Stress, etwa bei Verletzungen und nach Operationen, baut der Körper verstärkt Eiweiße ab. Dem lässt sich mit einer gesteigerten Zufuhr von L-Isoleucin entgegenwirken.

Durch rasche Anhebung des Isoleucin-Spiegels wird der Proteinkatabolismus gestoppt, die Aminosäureaufnahme in die Zellen gefördert und der Proteinaufbau stimuliert. Der vermehrte Einbau der Proteine fördert die Gewebeneubildung und die Abheilung der Wunden und erhöht die Widerstandskraft gegenüber Infektionen.

Indem L-Isoleucin regulierend auf den Stoffwechsel und die Abwehrkräfte wirkt, unterstützt die Aminosäure außerdem wichtige Muskelfunktionen bei körperlichen Belastungen.

Nahrungsergänzung bei Krankheiten

Bei akut Erkrankten oder Genesenden kann der Bedarf an essentiellen Aminosäuren erhöht sein. Insbesondere bei unzureichender Zufuhr hochwertiger Proteine und eingeschränkter Nahrungsaufnahme empfiehlt sich eine verstärkte Aufnahme der sogenannten BCAAs (branched chain amino acids) L-Isoleucin, Valin und Leucin. Diese können die Genesung beschleunigen.

L-Isoleucin bietet unter anderem Vorteile bei:

  • Leberzirrhose 1,

  • Phenylketonurie (PKU) 2 und
  • Dyskinesia tarda (Spätdyskinesie) 3.

Nahrungsergänzung bei Diäten

Bei diätbewussten Personen kann Unterversorgung mit Proteinen vorliegen, die beispielsweise aus dem Verzehr überwiegend Isoleucin-armer Lebensmittel resultiert. Das führt dazu, dass Muskelmasse verlorengeht.

Dadurch verbraucht der Körper immer weniger Kalorien und der Fettabbau verzögert sich. L-Isoleucin und die anderen BCAAs können dabei helfen, einem Proteinabbau und einem verminderten Grundumsatz vorzubeugen und den Fettabbau zu erhöhen.

Untersuchung der Arizona State University legt nahe, dass eine BCAA-reiche Ernährung den Grundumsatz um 90 Kalorien pro Tag steigern kann 4. Das würde, hochgerechnet auf ein Jahr, einen Gewichtsverlust von rund 5 kg bedeuten, ohne Sport oder Kalorienreduktion.

Muskelaufbau

Zusammen mit Valin und Leucin ermöglicht L-Isoleucin einen gezielten Muskelaufbau und erfreut sich deshalb besonders im Kraft- und Ausdauersport großer Beliebtheit.

Symptome eines Isoleucinmangels

Ein Mangel an L-Isoleucin kann Muskelschwäche und Antriebslosigkeit bewirken, tritt bei ausgewogener Ernährung jedoch nur selten auf. Des Weiteren können eine gestörte Wundheilung, Störungen des zentralen Nervensystems und Entwicklungsstörungen auf einen Isoleucindefizit hinweisen.

Dosierung und Überdosierung

Die Angaben für den Tagesbedarf gesunder Erwachsener reichen von 7,5 bis 28 Milligramm L-Isoleucin je Kilogramm Körpergewicht 5. Die Aminosäure kommt im menschlichen Körper fast nur gebunden vor.

Die Konzentration freien L-Isoleucins im Blut liegt bei rund 7 Milligramm pro Liter. Täglich werden über den Urin 10 bis 15 Milligramm ausgeschieden.

Eine Überdosierung von L-Isoleucin kann sich negativ auf den Körper auswirken. Der regelmäßige Konsum hoher Dosen kann zur übermäßigen Produktion von Harnstoff führen. Bei gleichzeitig zu geringer Flüssigkeitszufuhr werden die Nieren stark belastet. Hieraus können Vergiftungserscheinungen resultieren.

Außerdem kann der Transport des Serotonin-Vorläufers Tryptophan ins Gehirn behindert werden. Die Folgen sind Stimmungsschwankungen, Leistungsabfall und Störungen des Schlaf-wach-Rhythmus.

Quellen

  1. Kato M, Miwa Y, Tajika M et al. Preferential use of branched-chain amino acids as an energy substrate in patients with liver cirrhosis. Intern Med. 1998. 37(5):429-34.
  2. Berry HK, Brunner RL, Hunt MM et al. Valine, isoleucine, and leucine. A new treatment for phenylketonuria. Am J Dis Child. 1990. 144(5):539-43.
  3. Richardson MA, Bevans ML, Weber JB et al. Branched chain amino acids decrease tardive dyskinesia symptoms. Psychopharmacology (Berl). 1999. 143(4):358-64.
  4.  Johnston CS, Day CS, Swan PD: Thermic effect of high-protein diets. FASEBJ. 15(4): a755.6. 2000
  5.  Kurpad AV, Regan MM, Raj T, Gnanou JV. Branched-chain amino acid requirements in healthy adult human subjects. Journal of Nutrition. 2006. 136 (1 Suppl): 256S–263S.