Glutamin
Allgemeine Einführung
L-Glutamin ist eine proteinbildende α-Aminosäure und für den Menschen nach neueren Erkenntnissen semiessentiell, da in stressigen Zeiten oder bei Verletzungen die körpereigene Produktion nicht ausreicht, um den täglichen Bedarf zu decken. Im Blutplasma ist es unter allen freien Aminosäuren mit dem größten Anteil von rund 20 % vertreten und wirkt vor allem als Donator für die Aminogruppe NH2.
Inhaltsverzeichnis
Besonders bei bestehenden Stoffwechselstörungen, nach Operationen oder während schwerer Infektionen bildet sich leicht ein Glutaminmangel aus, welcher unbedingt behandelt werden sollte. Auch Verbrennungen oder anderweitige Verletzungen ziehen häufig eine Verarmung des Körpers an der proteinogenen Aminosäure nach sich und können zu gefährlichen Komplikationen führen.
Da sich im Zuge einer Unterversorgung Heilungsprozesse verzögern und Infektionen verlängern können, ist es empfehlenswert, gerade nach chirurgischen Eingriffen oder während andauernder Erkrankungen eine gezielte Supplementierung mit L-Glutamin vorzunehmen, um jene Effekte zu verhindern.
Des Weiteren wird die vielseitige eiweißähnliche Substanz für die Bereitstellung von Stickstoff für zahlreiche Synthesereaktionen benötigt und unterstützt somit unter anderem die Bildung von Purinen, Nukleotiden und Aminozuckern. Nicht zuletzt dient es als Energiequelle für die Zellen des Magen-Darm-Traktes und versorgt die Abwehrkörper des Immunsystems mit Kohlenhydraten.
Mittlerweile haben sich sogar einige Einsatzfelder bei der Behandlung und Therapie bestimmter Erkrankungen ergeben, sodass L-Glutamin eine wichtige Bedeutung in der orthomolekularen Medizin zukommt.
Lebensmittel mit viel Glutamin
Da Glutamin unerlässlich für viele Vorgänge im menschlichen Körper ist, sollte unbedingt auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden, um täglich eine ausreichende Menge aufzunehmen. Es gilt als wichtigste freie Aminosäure im Plasma und ist besonders reichlich in den Zellen des Muskelgewebes vertreten.
Vor allem Patienten mit Verwertungsstörungen und/oder bestehenden Infektionen sollten über eine mögliche Supplementierung nachdenken, um ein weiteres Abfallen des Glutaminspiegels zu verhindern. Täglich sollten etwa 10 g der semiessentiellen Aminosäure aufgenommen werden, wobei zu beachten ist, dass sie sehr hitzeempfindlich ist und daher bei temperaturintensiven Zubereitungsverfahren größtenteils zerstört wird.
Im Allgemeinen empfiehlt es sich, glutaminreiche Produkte recht schnell zu verzehren, da der Gehalt der Aminosäure ansonsten kontinuierlich abnimmt. Vor allem Sportler und Athleten benötigen mehr L-Glutamin als andere Personen, da sie eine größere Muskelmasse besitzen und somit einen erhöhten Energiebedarf aufweisen.
Für die Deckung des täglichen Bedarfs eignen sich neben ausgewählten Nahrungsergänzungsmitteln vor allem Quark und andere Milchprodukte wie Milch oder Joghurt, welche allerdings bedeutend geringere Gehalte als Weißkäse besitzen. Auch Soja- und Weizenprodukte können als Quellen für die Aufnahme von L-Glutamin genutzt werden, da das in ihnen enthaltene Eiweiß zum größten Teil aus dieser Aminosäure besteht1.
Nicht zuletzt enthält auch rohes und geräuchertes Fleisch gewisse Mengen an L-Glutamin, wobei neben Geflügel auch Schwein und Rind in Frage kommen. Ein besonderer Geheimtipp ist jedoch Kakao, welcher pro 100 g etwa 4,8 g Glutamin aufweist und somit sehr ergiebig ist.
Funktionen von L-Glutamin
Glutamin ist neben der Unterstützung der Proteinsynthese auch an vielen anderen Stoffwechselvorgängen beteiligt und trägt wesentlich zur Erhaltung eines gesunden Gleichgewichts im Körper bei. Zum einen ermöglicht es die Wassereinlagerung in Zellen und führt bei körperlicher Anstrengung zu einer Vergrößerung des Volumens derselben, wodurch eine schnelle und umfassende Zellproliferation (Wachstum) ermöglicht wird.
Auf diesem Weg wird auch die Synthese bestimmter Eiweiße und von Glykogen unterstützt, sodass der Körper gute Energiequellen für die Arbeit des Muskelapparates erhält.
Einige Untersuchungen in der Vergangenheit haben außerdem ergeben, dass vor allem die Zellen des Immunsystems auf eine strikte Versorgung mit L-Glutamin angewiesen sind und es ansonsten zu schweren Abwehrschwächen und Erkrankungen kommen kann. Auch die Gewebe des Verdauungstraktes nutzen die Aminosäure als Energiequelle, wobei besonders der Dünndarm zu erwähnen ist.
Des Weiteren können Sportler von einer erhöhten Glutaminzufuhr profitieren, da dies dem Muskelabbau entgegenwirkt und die Regenerationsfähigkeit während des Schlafs erhöht.
Ein anderes Einsatzgebiet von L-Glutamin ist die Aufrechterhaltung der Funktionen menschlicher Nervenzellen, wo es für den Rücktransport bestimmter Neurotransmitter in die Neuronenmembran benötigt wird, wenn eine exzitatorische Erregung erfolgt ist.
Da Glutamin keinerlei Effekte auf die postsynaptische Membran besitzt, kann es aus den Gliazellen wieder zurück ins Zellsoma der Nervenzellen geschleust werden, ohne eine erneute Depolarisation auszulösen. Außerdem wird es für die Bildung einiger inhibitorischer Neurotransmitter benötigt, welche ebenfalls die Erregung der Nervenzellen dämpfen.
Nicht zu vergessen ist auch die Regulation des Säure-Base-Haushalts durch L-Glutamin, wobei es der Ausscheidung giftiger Ammoniumionen dient und unterstützend für Niere und Leber wirkt.
Glutamin im Einsatz gegen Krankheiten
Mittlerweile wurden erfolgreich einige Studien zur Wirksamkeit von L-Glutamin durchgeführt, welche den Schluss nahelegen, dass es äußerst wirkungsvoll gegen einige Krankheiten eingesetzt werden kann. Dabei können bereits bestehende Erkrankungen nicht nur in ihrer Ausprägung gelindert, sondern teilweise auch schneller überwunden werden, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.
So kann L-Glutamin die Durchlässigkeit der Darmwand bei Patienten mit der Autoimmunerkrankung Morbus Crohn entscheidend verbessern und somit die Schwere der Erkrankung vermindern. Die Teilnehmer einer im letzten Jahr durchgeführten Studie erhielten dabei täglich eine Supplementierung von 0,5 g L-Glutamin pro Kilogramm Körpergewicht und zeigten signifikante Verringerungen ihrer Beschwerden2.
Auch im Kampf gegen verschiedene Formen von Krebs konnte sich der lebenswichtige Vitalstoff in der Vergangenheit bewähren, da er den Stoffwechsel der Tumorpatienten entscheidend verbessert und zudem das Tumorwachstum verlangsamt. Dies beruht unter anderem auf der Steigerung derImmunkompetenz durch Glutamin und die damit einhergehende Erhöhung der Apoptoserate, durch welche entartete Zellen ordnungsgemäß dem gerichteten Zelltod zugeführt werden können.
Des Weiteren verbessert eine hochdosierte Zufuhr von L-Glutamin die Regeneration von Patienten mit einer Knochenmarktransplantation und mindert gleichzeitig die Risiken einer Strahlen- bzw. Chemotherapie3.
Fazit
Da das tatsächliche Potential von L-Glutamin erst in letzter Zeit entdeckt wurde, wird es mittlerweile zu den semiessentiellen Aminosäuren gezählt und vielfach in eine Supplementierung einbezogen. Patienten mit Resorptionsstörungen wie Morbus Crohn oder Tumorerkrankungen können immens von einer zusätzlichen Zufuhr des Vitalstoffs profitieren und eine schnellere Heilung erlangen, da die Aminosäure zahlreiche Körpervorgänge positiv beeinflusst.
Auch für gesunde Menschen ist eine ausreichende Aufnahme von Glutamin unerlässlich, da durch sie nicht nur die Funktion von Leber und Niere, sondern auch eine ordnungsgemäße Reizweiterleitung im Gehirn ermöglicht wird. Außerdem versorgt der Vitalstoff Muskeln und Verdauungsorgane mit genügend Energie und kann daher auch bei einem gezielten Traningsprogramm unterstützend eingesetzt werden.
Quellen
- Lösche K. Enzyme in der Lebensmitteltechnologie. Behr’s Verlag. 2000. ↩
- Benjamin J, Makharia G, Ahuja V, Rajan KDA, Kalaivani M, Gupta SD, Joshi YK. Glutamine and whey protein improve intestinal permeability and morphology in patients with Crohn’s disease: a randomized controlled trial. Digestive Diseases and Sciences. 2012. 57(4): 1000-12. ↩
- Kuhn KS, Muscaritoli M, Wischmeyer P, Stehle P. Glutamine as indispensable nutrient in oncology: experimental and clinical evidence. European Journal of Nutrition. 2010. 49(4): 197-210. ↩