Die Aminosäure Threonin

In ihrer natürlichen L-Form ist die Aminosäure Threonin eine essentielle proteinogene Alpha-Aminosäure. Sie kann vom menschlichen Körper nicht hergestellt und muss daher über die Nahrung aufgenommen werden.

Threonin ist ein Baustein der meisten Proteine im Körper und erfüllt unterschiedlichste Funktionen im Nervensystem, im Stoffwechsel, in der Immunabwehr, im Aufbau von Geweben und im Wachstum. Die Aminosäure existiert in vier stereoisomeren Formen, wobei lediglich das L-Threonin für den Proteinaufbau in Frage kommt.

Inhaltsverzeichnis

So wirkt L-Threonin im Körper

Harnsäurestoffwechsel

Bei Threonin-Überschuss produziert der Körper zu viel Harnsäure. Das kann Extremfall zu Gicht führen.

Proteinaufbau

L-Threonin ist am Aufbau unterschiedlichster Proteine beteiligt. Besonders häufig ist es im Kollagen des Bindegewebes anzutreffen.

Schutz der Schleimhäute

Die Aminosäure ist Bestandteil der Mucine. Hierbei handelt es sich um Glykoproteine, die wichtigsten Elemente im Schleim der Schleimhäute.

Diese schützen bestimmte Organe vor aggressiven chemischen Substanzen, beispielsweise den Magen vor der salzsäurehaltigen Magensäure.

Darüber hinaus bieten sie anderen mit Schleimhäuten ausgestatteten Organen Schutz vor Infektionskeimen und reaktiven Chemikalien.

Phosphorylierungsreaktionen

Die Hydroxylgruppe des Threonins ist Anknüpfungspunkt für die Esterbildung mit Säuren und säuregruppenhaltigen Verbindungen. Auch die Phosphatgruppen der Phosphorsäure werden hier gebunden.

Innerhalb von Enzymen ist die Aminosäure somit für die Übertragung von Phosphatgruppen und die damit verbundenen Phosphorylierungsreaktionen verantwortlich.

Wichtiger Bestandteil von Antikörpern

Hier liegt L-Threonin mit Zuckerresten glykolysiert vor. Das ist besonders relevant für die fehlerfreie Funktion der Antikörper.

Glycinbildung

Eine wichtige Rolle spielt die Aminosäure bei der Bildung von Glycin. Der Neurotransmitter ist ein Abbauprodukt des Threonins.

Anwendungsmöglichkeiten für L-Threonin

Die Einsatzfelder für L-Threonin sind sehr vielfältig. Wichtig ist eine ausreichende Versorgung mit Magnesium und den Vitaminen B3 und B6, die für eine geregelte Aufnahme der Aminosäure unabdingbar ist.

Ernährung

Als Bestandteil verschiedener Aminosäure-Infusionslösungen zur parenteralen Ernährung kommt L-Threonin in der Humanmedizin zur Anwendung.

Zudem wurde für Patienten mit gestörter Verdauung eine chemisch definierte Diät entwickelt, in der L-Threonin enthalten ist.

Die Aminosäuren bilden in dieser Diät die Stickstoffquelle. Sämtliche lebensnotwendigen Nährstoffe sind in chemisch genau definierter Form vorhanden.

Multiple Sklerose

Als Baustein von Glycin kann L-Threonin spastische Symptome bei Menschen mit Multipler Sklerose in einem gewissen Umfang verhindern 1. Neben einer Nahrungsergänzung mit Glycin wird deshalb begleitend eine zusätzliche Threoningabe empfohlen.

Psychische Erkrankungen

L-Threonin wird im Hirn zu Glycin umgewandelt. Dieses wirkt besänftigend und beruhigend bei Angstzuständen, Reizbarkeit und manischen Phasen. Daher wird die Aminosäure therapeutisch bei psychischen Beschwerden wie Angstzuständen eingesetzt.

Amyotrophische Lateralsklerose

Durch L-Threonin können die Schluckfähigkeit und die Sprechweise von ALS-Patienten verbessert werden. Außerdem bewirkt eine Nahrungsergänzung mit der Aminosäure ein Nachlassen von Ermüdungserscheinungen und spastischen Zuckungen.

Alzheimer

In Glycin umgewandeltes L-Threonin kann die Konzentrationsfähigkeit und die Gedächtnisleistung verbessern. In Zukunft könnte der Aminosäure daher eine größere Bedeutung in der Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer zukommen 2.

Symptome eines Threoninmangels

Ein Threonindefizit führt zu schnellerer Ermüdung, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und einem Nachlassen der Energie. Bei Kindern kann sich eine Minderversorgung mit dieser Aminosäure durch Wachstumsstörungen bemerkbar machen.

Weitere Mangelerscheinungen sind:

  • eine allgemeine Anfälligkeit gegenüber Krankheiten durch Schwächung des Immunsystems,
  • Schädigung der Zähne, da L-Threonin ein wichtiger Zahnschmelz-Bestandteil ist,
  • Gelenkprobleme und brüchige Knochen,
  • gestörte Bildung von Schleimhäuten (z. B. Magen- und Darmschleimhaut),
  • Ausbildung einer Fettleber,
  • Häufung von Anfällen bei Gichtpatienten.

Zu den Risikogruppen für einen Threoninmangel zählen vor allem Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Sportler und Patienten mit Multipler Sklerose.

Auch die Mangelernährung bei bestimmten Diäten kann zu einem Mangel an L-Threonin beitragen. Gleiches gilt für ungesunde Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum.

Dosierung und Überdosierung

Der tägliche Threoninbedarf eines Erwachsenen liegt bei circa 16 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht. Eine 70 Kilogramm schwere Person benötigt somit 1.120 Milligramm L-Threonin pro Tag. Unter normalen Umständen stellt eine ausreichende Versorgung über die Nahrungsaufnahme kein Problem dar, da die Aminosäure in allen proteinhaltigen Lebensmitteln vorkommt.

Toxische Wirkungen sind für L-Threonin nicht bekannt. Bei einer extrem erhöhten isolierten Zufuhr ohne die nötigen Begleitstoffe Magnesium, Vitamin B3 und Vitamin B6 wird die Aminosäure sehr schnell abgebaut. Dabei entsteht jedoch Harnstoff, der in größeren Mengen giftig ist und Gicht auslösen kann.

Quellen

  1. Hauser SL, Doolittle TH, Lopez-Bresnahan M. et al.: An Antispasticity Effect of Threonine in Multiple Sclerosis. Arch Neurol. 1992. 49(9):923-926
  2. Tian Q, Wang J. Role of Serine/Threonine Protein Phosphatase in Alzheimer’s Disease. Neurosignals. 2002. 11:262-269