Biotin, auch unter der Bezeichnung Vitamin B7 bekannt, ist ein wasserlösliches Vitamin des B-Komplexes und als Baustein von Enzymen an vielen Reaktionen des Stoffwechsels beteiligt. Des Weiteren reguliert es Genfunktionen im Zellkern und beeinflusst somit die Expression von über 2000 Genen. Ein Richtwert für die wünschenswerte Biotinzufuhr pro Tag liegt bei 50 µg, ist jedoch nicht hundertprozentig gesichert, da der genaue Bedarf nicht bekannt ist. Noch vor einigen Jahren galten 150 µg/Tag als angemessen, weshalb es am praktischsten ist, mit Hilfe von Nahrungsergänzungsmitteln eine ausreichende Versorgung sicherzustellen, um kein unnötiges Risiko einzugehen.
Zusätzlich wird es mittlerweile als erwiesen angesehen, dass eine Überdosierung keine schädlichen Nebenwirkungen mit sich bringt und die therapeutische Breite des Vitamins sehr groß ist (siehe auch 1).
Da Biotin viele Stoffwechselvorgänge reguliert und außerdem die Struktur der Erbinformation beeinflusst, kann ein Mangelzustand schwerwiegende Konsequenzen haben. Neben Depressionen, Müdigkeit, Muskelschmerzen und Halluzinationen wurden auch Appetitlosigkeit, Haarausfall und brüchige Nägel beobachtet.
Da Biotin zwar vor allem in Hühnereiern vorhanden ist, in rohem Eiklar jedoch auch eine Substanz namens Avidin vorkommt, welche Vitamin B7 so fest bindet, dass es für den Körper nicht mehr zugänglich ist, kann es immer wieder vorkommen, dass eine Unterversorgung auftritt.
Nahrungsmittel mit viel Vitamin B7
Biotin kommt in recht vielen Nahrungsmitteln vor, tritt jedoch immer nur in kleinen Größenordnungen auf. Zusätzlich produzieren einige Bakterien im menschlichen Magen-Darm-Trakts den Vitalstoff, wobei allerdings nicht genau bekannt ist, inwieweit dieser Anteil vom Organismus verwertet werden kann (siehe auch 2).
Tatsache ist jedoch, dass die Dunkelziffer der Personen mit unerkanntem Biotinmangel sehr hoch ist, da die Betroffenen meist nicht ahnen, woher ihre jeweiligen Beschwerden rühren. Auch Patienten mit chronischen Resorptionsstörungen oder einer geschädigten Darmflora sind oftmals von einem Mangel an Vitamin B7 betroffen, da ihr Körper zum einen kein eigenes Biotin produziert und zum anderen weniger aus der Nahrung aufnehmen kann.
Des Weiteren ist bekannt, dass eine andauernde oder immer wiederkehrende Einnahme von Antibiotika die Darmflora nachhaltig dahingehend beeinflussen kann, dass sich eine Mangelsituation ausbildet. Nicht zuletzt ist zu beachten, dass ungefähr ein Drittel aller Schwangeren einen biochemischen Zustand aufweist, der auf ein Fehlen von Vitamin B7 hindeutet (siehe auch 3). Offensichtlich baut ihr Stoffwechsel das Vitamin schneller ab, als üblich.
Zu den Lebensmitteln, welche besonders hohe Gehalte an Biotin aufweisen, gehören unter anderem Trockenhefe (200 µg/100 g), Rinderleber (103 µg/100 g), Eigelb (50 µg/100g) und Haferflocken (20 µg/100 g). In Walnüssen, Champignons, Fisch, Spinat und einigen Obstsorten befindet sich zwar ebenfalls Vitamin B7, jedoch sind die Beträge nur sehr gering.
Um auszuschließen, dass es zu einer Mangelversorgung kommt, ist es für alle Bevölkerungsgruppen ratsam, ihre Ernährung um einige spezielle Präparate zu ergänzen, da nicht bekannt ist, wieviel Biotin der Körper wirklich benötigt, eine Überdosierung jedoch völlig ungefährlich ist.
Funktionen von Vitamin B7
Biotin ist ein Bestandteil vieler Enzyme und daher maßgeblich am Stoffwechsel des menschlichen Körpers beteiligt. Neben der Biosynthese von Proteinen dient es vor allem der Energiegewinnung aus Fett und unterstützt die Energiefreisetzung aus Kohlenhydraten. Da dies ohne Vitamin B7 nicht möglich wäre, sind vor allem Nervenzellen auf Biotin angewiesen, ziehen sie doch den Großteil ihrer Energie allein aus Zucker.
Außer für die Aufrechterhaltung der Nervenfunktionen ist Biotin auch für eine gesunde Haut und gesunde Schleimhäute verantwortlich. Sogar das Zellwachstum kann durch den Vitalstoff optimiert werden, was vor allem für sich schnell erneuernde Gewebe wie den Darm, die Haare und das Blut von Bedeutung ist. Somit ist Biotin ebenfalls für die Bildung von Blutkörperchen verantwortlich, was es zu einem Regulator für das Immunsystem macht. Werden ausreichend Leukozyten produziert, kann der Körper Krankheitserreger gut abwehren, ist dies jedoch nicht der Fall, steigt die Infektionsneigung an und es kann häufiger zu Erkältungen, Magen-Darm-Infektionen oder Schlimmerem kommen.
Mittlerweile gibt es sogar einige Kosmetika, die sich die positiven Eigenschaften von Vitamin B7 zu Nutze machen. Da es die Talgproduktion reguliert, hat es einen wesentlichen Einfluss auf die Reinheit der Haut und eine eventuelle Aknebildung und ist zudem für die Fettigkeit der Haare verantwortlich. Besonders wirksam ist Biotin vor allem dann, wenn es gemeinsam mit einigen anderen Vitaminen wie B2, B3, B6 und A aufgenommen wird. Aus diesem Grunde eignen sich vor allem Multivitaminpräparate, um eine ganzheitliche Versorgung des Körpers sicherzustellen.
Biotin ist außerdem an der Synthese der Erbsubstanz beteiligt und sorgt daher für ein ausgewogenes Zellwachstum. Auch für den Abbau von Fettsäuren und deren Neubildung ist Vitamin B7 unerlässlich. Weiterhin kann es bestimmte Fettbestandteile in lebensnotwendige Omega-3-Fettsäuren umwandeln. Nicht zuletzt ist ein biotinhaltiges Enzym dafür verantwortlich, Glukose zu erzeugen, weshalb Vitamin B7 indirekt dafür sorgt, dass der Körper nicht unterzuckert.
Vitamin B7 im Einsatz gegen Krankheiten
Da Biotin zahlreiche Funktionen im menschlichen Organismus erfüllt, kommt ihm eine wichtige Bedeutung in der Prävention und Therapie von Krankheiten zu. In den letzten Jahren wurden etliche Studien durchgeführt, die die Wirksamkeit des Vitalstoffs in verschiedenen Bereichen eindrucksvoll belegen.
Zum einen wird Biotin an bestimmte Histone (Proteine im Zellkern) gebunden und spielt somit eine tragende Rolle bei der Regulierung der Genaktivität. Entsteht nun ein Mangel, beeinträchtigt dies die Stabilität des Genoms. In einer Studie aus dem vergangenen Jahr konnte im Hinblick darauf festgestellt werden, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B7 vor Gendefekten schützt und fehlgeleitete Kernteilungen unterbindet (siehe auch 4). Möglicherweise kann ein Biotinmangel während der Schwangerschaft auch zu Geburtsfehlern des Fötus führen, da er das Vitamin für zahlreiche Genaktivitäten benötigt.
Durch operative Eingriffe wie eine Magenverkleinerung oder anderweitige Ursachen erleiden einige Menschen den Verlust ihres Geschmackssinns, was eine erhebliche Beeinträchtigung im alltäglichen Leben darstellt. In der Vergangenheit wurde bei dieser Problematik die hochdosierte Gabe (10-20 mg Biotin pro Tag) von Vitamin B7 erforscht, wobei der Geschmackssinn erfolgreich wiederhergestellt werden konnte (siehe auch 5).
Auch im Kampf gegen Diabetes mellitus konnten mit Hilfe von Biotin bereits gute Erfolge erzielt werden, da es als Bestandteil von Enzymen, welche die Synthese von Fettsäuren ermöglichen, die Nutzung von Glukose für letztere erleichtert. Somit nimmt der Nüchtern-Blutzucker ab und die Insulinsekretion der Bauchspeicheldrüse wird stimuliert (siehe auch 6).
Empfehlungen
Biotin wirkt als Cofaktor von Enzymen an zahlreichen Stoffwechselvorgängen mit und ist zudem an der Genexpressivität der Erbsubstanz beteiligt. Da es nur unzureichende Informationen darüber gibt, wieviel Vitamin B7 wenigstens pro Tag aufgenommen werden sollte, ist es empfehlenswert, Nahrungsergänzungsmittel zu nutzen, um auf jeden Fall die Mindestmenge zu erreichen. Von einer möglichen Überdosierung sind keine Konsequenzen zu erwarten, da der Körper überschüssiges Biotin über den Urin loswerden kann.
Da Vitamin B7 für eine gesunde Haut- und Haarstruktur sorgt, ist es außerdem in vielen Kosmetika enthalten und hilft beim Zellaufbau und der Regeneration von verschiedenen Geweben. Des Weiteren kann Biotin hilfreich gegen einige Krankheiten wie beispielsweise Diabetes eingesetzt werden, da es den Blutzuckerspiegel zu senken vermag und eine vermehrte Nutzung von Glukose für die Synthese ungesättigter Fettsäuren bewirkt.
- „K. Pietrzik, I. Golly, D. Loew: Handbuch Vitamine. Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH, München 2008; S. 147–154, 416“ ↩
- „H. M. Said: Biotin: the forgotten vitamin. In: Am. J. Clin. Nutr. 75(2); Feb 2002: S. 179–80“ ↩
- „D. M. Mock: Biotin In: J. Zempleni, R. B. Rucker, D. B. McCormick, J. W. Suttie (Editors): Handbook of Vitamins. 4th Edition. CRC Press, 2007; S. 361–384“ ↩
- „Zemplini J et al.: Biotin requirements for DANN damage prevention; Mutat Res. 2011 Aur 17“ ↩
- „Greenway FL et al.: Loss of taste responds to high-dose biotin treatment; J Am Coll Nutr. 2011 Jun; 30(3): 178-81“ ↩
- „Baez-Saldana A, Zendejas-Ruiz I, Revilla-Monsalve C, et al. Effects of biotin on pyruvate carboxylase, acetyl-CoA carboxylase, propionyl-CoA carboxylase, and markers for glucose and lipid homeostasis in type 2 diabetic patients and nondiabetic subjects. Am J Clin Nutr. 2004;79(2):238-243“ ↩