Vitamin B9, welches auch besser unter der Bezeichnung Folsäure bekannt ist, weist eine hohe Licht- und Hitzeempfindlichkeit auf und besitzt viele physiologische Bedeutungen für den menschlichen Organismus. Da Folsäure zu den Vitaminen des B-Komplexes gehört, ist es wie die meisten Vertreter wasserlöslich und kann daher nur über einen kurzen Zeitraum vom Körper gespeichert werden.
In der Regel treten bereits nach ca. zwei bis vier Monaten Mangelversorgung schwerwiegende Störungen der natürlichen Lebensvorgänge auf und eine spezielle Anämie entsteht. In Deutschland nehmen schätzungsweise nur etwa 20 % der Bevölkerung genügend Vitamin B9 pro Tag auf, was einer Menge von ungefähr 400 µg entspricht.
Vor allem Schwangere, stillende Mütter sowie Kinder und Säuglinge sind auf eine ausreichende Zufuhr der lebenswichtigen Folsäure angewiesen, da ansonsten wesentliche Entwicklungsschritte nicht möglich sind. Auch einige Krankheiten wie Entzündungen der Atemwege und des Verdauungstrakts, Krebs, Diabetes oder Alzheimer erfordern eine noch höhere Aufnahme an Vitamin B9 als es für die Durchschnittsbevölkerung empfohlen wird.
Zusätzlich kann eine Unterversorgung mit Zink, Vitamin B12 oder Vitamin C dazu führen, dass weniger Folsäure aus der Nahrung aufgenommen und vom Körper verwertet werden kann. Bei der gleichzeitigen Einnahme hormonhaltiger Kontrazeptiva (Pille) oder dem Konsum von Alkohol und Zigaretten steigt der Vitamin-B9-Bedarf ebenfalls an, weshalb bestimmte Personengruppen gegebenenfalls über eine Einnahme entsprechender Nahrungsergänzungsmittel nachdenken sollten.
Nahrungsmittel mit viel Vitamin B9
Die Unterversorgung mit Folsäure ist selbst in West- und Mitteleuropa weit verbreitet, weshalb es außerordentlich wichtig ist, auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu achten, um einem Mangel vorzubeugen. Da der Körper Vitamin B9 nicht lange in Depots speichern kann, ist eine kontinuierliche Aufnahme durch Lebensmittel oder spezielle Präparate erforderlich, damit keine Mangelsymptome entstehen. Heute rührt ein Folsäuremangel meist von einer einseitigen Ernährung, dem gesteigerten Konsum von alkoholischen Getränken und zu langem Kochen vitaminhaltiger Nahrungsmittel her. Da Folsäure sehr empfindlich gegenüber hohen Temperaturen ist, wird sie durch Braten oder anderweitiges Erhitzen zum größten Teil zerstört und außerdem in gewissem Maße ins Kochwasser ausgeschwemmt.
Aufgrund der Tatsache, dass ungeborene Föten besonders viel Folsäure benötigen, damit keine neurologischen Defekte auftreten, ist es ratsam, im Falle einer geplanten Schwangerschaft bereits vorbeugend Vitamin-B9-Supplemente von bis zu 600 µg pro Tag einzunehmen, da entsprechende Bestandteile des Nervensystems bereits in einer sehr frühen Phase der Schwangerschaft gebildet werden, in welcher die Frau oft noch nicht einmal weiß, dass sie überhaupt schwanger ist. Zusätzlich zu den 400 µg Folsäure aus der Nahrung werden daher spezielle Tabletten oder Kapseln notwendig, wobei die Gefahr einer Überdosierung nicht besteht, da Folsäure wasserlöslich ist und daher über den Urin ausgeschieden werden kann.
Um den durch die Nahrung abzudeckenden Anteil der täglichen Vitamin-B9-Versorgung zu erreichen, eignen sich vor allem Weizenkleie (rund 400 µg pro 100 g), Rinderleber (ca. 242 µg pro 100 g) und grünes Gemüse. Besonders Broccoli, Rosenkohl und Spinat dienen als gute Quellen und können zur Deckung des täglichen Bedarfs herangezogen werden. Weit weniger aber dennoch nicht zu verachtende Mengen sind in Vollkornprodukten (ca. 38 µg pro 100 g), Apfelsinen (rund 31 µg pro 100 g) und Weißkohl (etwa 36 µg pro 100 g) enthalten.
Funktionen von Vitamin B9
Folsäure kann nicht vom Körper selbst gebildet werden und zählt daher zu den essentiellen Vitalstoffen. Sie wird zunächst über die Darmschleimhaut aufgenommen und anschließend größtenteils in der Leber gespeichert. Über zahlreiche Umwandlungs- und Stoffwechselreaktionen hat sie Anteil an vielen physiologischen Prozessen und ist daher wichtig für die Aufrechterhaltung des gesamten Organismus.
Eine wesentliche Aufgabe ist dabei die Regulation des Zellwachstums, was ohne Vitamin B9 nicht möglich wäre. Es ist Bestandteil einiger Coenzyme, welche für die Produktion von DNA benötigt werden und somit einen entscheidenden Einfluss auf die Vergrößerung und Differenzierung jeglicher Zellen haben. Vor allem Gewebe mit einer hohen Erneuerungsrate wie beispielsweise das Blut, Lungen- und Darmwandzellen sind auf das ausreichende Vorhandensein von Folsäure angewiesen, da die Replikation ihrer Zellen ansonsten nicht schnell genug ablaufen kann. Somit wirkt Vitamin B9 auch an der Bildung von Blutkörperchen und Schleimhautzellen mit und hilft außerdem beim Aufbau der Erbsubstanzen DNA und RNA.
Nicht zu vergessen ist auch die Funktion folsäurehaltiger Coenzyme bei der Umwandlung und Synthese bestimmter Aminosäuren, was einen wichtigen Beitrag zum Proteinstoffwechsel des Körpers liefert. Auch wird Vitamin B9 für den Abbau von Homocystein gebraucht, welches sich ansonsten negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken kann. Weiterhin spielt Folsäure eine entscheidende Rolle für den Fettstoffwechsel, wo es die Verbrennung ungesättigter Fettsäuren anregt und somit zur Energiegewinnung für den Körper beiträgt.
Da Vitamin B9 außerdem zentral für die Entwicklung des Nervensystems ist, wird es vor allem in den ersten Wochen einer Schwangerschaft für die ordnungsgemäße Entwicklung des Embryos benötigt. Während dieser Zeit schließt sich das sogenannte Neuralrohr, welches die Basis für Rückenmark und Gehirn darstellt und sich bei einer unzureichenden Versorgung mit Folsäure nicht korrekt entwickeln kann. Tritt ein sogenannter Neuralrohrdefekt auf, sind schwerste Behinderungen des Kindes mit zahlreichen neurologischen Defekten zu erwarten. Aus diesem Grund sollten vor allem vor und während einer Schwangerschaft entsprechende Supplemente zur Sicherung des täglichen Bedarfs an Vitamin B9 eingenommen werden.
Vitamin B9 im Einsatz gegen Krankheiten
Folsäure ist an vielen Prozessen des menschlichen Körpers beteiligt und kann daher auch zur Prävention bestimmter Krankheiten eingesetzt werden. In der Vergangenheit wurden bereits einige überzeugende Studien durchgeführt, die den Schluss nahelegen, dass Vitamin B9 eine unverzichtbare Heilsubstanz im Sinne der orthomolekularen Medizin ist.
Zum einen konnte bereits nachgewiesen werden, dass die langfristige Einnahme hochdosierter Folsäurepräparate die Gedächtnisleistung älterer Menschen verbessert und somit vor der Entstehung einer Alzheimer-Erkrankung schützen kann. Weiterhin lässt sich mit Hilfe von Vitamin B9 einem altersbedingtem Hörverlust vorbeugen, wie in 1 beschrieben ist.
Auch im Kampf gegen Depressionen zeigte Folsäure schon mehrfach positive Erfolge, da sie die Wirksamkeit der jeweils eingesetzten Antidepressiva erhöhen und somit zu einem schnelleren Abklingen der Symptome führen kann (siehe auch 2). Menschen mit einem niedrigen Vitamin-B9-Spiegel sprechen weniger gut auf Antidepressiva an und können daher von einer ausreichenden Versorgung mit dem Vitalstoff erheblich profitieren.
Des Weiteren hat sich in der letzten Zeit herausgestellt, dass Folsäure effektiv zu einer Verbesserung der Hirnleistungsfähigkeit beitragen kann und somit besonders bei Kindern und Jugendlichen die Schulnoten verbessert. In einer Studie aus dem Jahr 2011 (siehe auch 3) zeigte sich, dass ein höherer Vitamin-B9-Spiegel direkt mit besseren Noten assoziiert werden kann und daher anzunehmen ist, dass ein Folsäuredefizit zu einer schlechteren neurokognitiven Entwicklung führt. Aus diesem Grund sollte vor allem bei Jugendlichen auf eine bessere Versorgung mit Vitamin B9 geachtet werden.
Empfehlungen
Weit über die Hälfte der deutschen Bevölkerung weist eine zu geringe Versorgung mit Folsäure auf und sollte demzufolge auf eine ausgewogenere Ernährung achten. Ein geringer Folsäurespiegel führt in den ersten Schwangerschaftswochen zu einem erhöhten Risiko von Neuralrohrdefekten des Fötus. Jede Frau, die auch nur ansatzweise an eine Schwangerschaft denkt, sollte deshalb weit vor der eigentlichen Planung regelmäßig Folsäure einnehmen – am besten gemeinsam mit weiteren Vitaminen und Omega Fettsäuren, da auch diese zu einer gesunden Entwicklung des Kindes beitragen.
Liegen äußere Faktoren wie der Genuss von Alkohol oder Nikotin vor oder bestehen ernsthafte Erkrankungen, ist der Bedarf an Vitamin B9 zusätzlich erhöht und es muss auf ergänzende Tabletten oder Kapseln zurückgegriffen werden. Da Folsäure unter anderem auch für die reibungslose Funktion des Gehirns verantwortlich ist, führt ein Mangel zu entsprechenden Leistungsverlusten und kann sogar degenerative neurologische Erkrankungen wie Depressionen oder Alzheimer hervorrufen.
Auch Schwangere sollten meist spezielle Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin B9 zu sich nehmen, um die gesunde Entwicklung ihres Babys zu unterstützen.
- „Durga J et al. Effect of 3-year folic acid supplementation on cognitive function in older adults in the FACIT trial: a randomized, double blind, controlled trial. The Lancet, 2007;369:208-216“ ↩
- „Taylor MJ et al. Folate for depressive disorders. Cochrane Database Syst Rev. 2003;2:CD003390“ ↩
- „Medline Plus, July 11,2011: Higher folic acid levels in teens tied to academic success“ ↩